Graupner Super Decathlon (Freiflug-Gummimotor-Gleiter) von Arnold Wirz
Vorgeschichte
Der Umstand, dass es sehr schwierig war, für mein 23 g-Flugmodell PR-15 einen genügend starken Elektromotor und nochmals viel schwieriger, den dazu passenden LiPo-Akku im 3 g-Bereich zu finden, bewogen mich vorübergehend, nach einem anderen Antrieb für meine Kleinstflugmodelle zu suchen. Kürzlich sah ich in Youtube einen kleinen Film über Gummimotormodelle, was mich inspirierte, diesen Antrieb auch einmal zu testen.
Der Graupner Super Decathlon
Zum Studium am Objekt habe ich für ein paar wenige Franken ein Gummimotormodell Graupner Super Decathlon erworben.
Das Graupner Super Decathlon-Gummimotormodell. © Arnold Wirz
Es wog nach dem Zusammenbau 36 g, hatte eine Spannweite von 41.5 cm, eine Länge von 34.5 cm und es stieg mit 230 Gummiumdrehungen etwa 5 Meter in die Höhe und schwebte dann noch etwa 8 Sekunden bis es mit einer harten Landung den Boden wieder erreichte. Ein Versuch, den Gummi auf 300 Windungen vozuspannen, um noch etwas höher zu steigen und länger zu fliegen endete mit dem Riss des Gummis schon beim Aufziehen. Mit dieser Erfahrung begann ich dann, mich an einen Eigenbau heranzutasten.
Umbau des Super Decathlon
Der Gummiriss hielt mich nicht davon ab, die Sache weiter zu verfolgen, wusste ich doch, dass mein Gummimotor-Modell möglichweise schon etwas länger im Laden gelagert wurde und das ist bekanntlich nicht die Stärke des Gummis. Nach diesem Vorbild baute ich nun den Super Decathlon ziemlich stark um, sodass man vom alten Modell nicht mehr viel sah. Daher gab ich diesem Modell die neue Bezeichnung Wirz PR-16
Allgemeines zum Gummimotormodell
Gummimotormodelle sind so ausgelegt, dass sie rasch viel Höhe gewinnen. Der anschliessende Gleitflug stellt dann das eigentliche Flugerlebnis dar. Ein Modell fliegt umso länger, je höher die erreichbare Ausgangshöhe ist und je besser das Modell ausgleitet. Für einen schönen Gleitflug ist es daher erforderlich, den starren Propeller durch einen Klapppropeller zu ersetzen, der im angeklappten Zustand beim Gleiten weniger Luftwiderstand erzeugt. Meine ersten bescheidenen Beobachtungen in der Gummimotor-Szene zeigten, dass dort recht grosse Propeller im Einsatz sind. Wegen den dadurch recht geringen Drehzahlen, können sie sehr feingliedrig und damit auch federleicht gebaut werden. Sie stellen allerdings eher kunsthandwerkliche Kleinode dar und kommen für den Alltagsgebrauch nicht infrage.
In Wikipedia habe ich gelesen, dass die Modelle der Wettbewerbsklasse F1B Wakefield sogar einen drehzahlgesteuerten Verstellpropeller benützen, welcher bei der Anfangsdrehzahl auf volle Steigung geht und bei nachlassender Drehzahl die Steigung wieder reduziert. Das wäre wohl zu kompliziert für mein Mini-Modell. Ich werde aber kaum um einen besseren Propeller herum kommen, wenn ich etwas weiter fliegen möchte. Nun bleibt wohl nichts anderes übrig, als die besten Gummimotorpropeller auf dem Markt ausfindig zu machen. Fürs Erste scheinen das solche von Günther und Graupner zu sein. Es gibt zwar auch Flugmodelle von Aeronaut, doch konnte ich dort noch nicht ermitteln, wer der Hersteller der Propeller ist.
Verbesserungen beim Propeller
Meine ersten Versuche mit einem Eigenbau-Klapppropeller verliefen, wie schon erwähnt, nicht erfolgreich. Es wird wohl noch ein ganzes Weilchen dauern, bis mir ein zufriedenstellendes Modell gelingt. Wenn das geschafft ist, hoffe ich, dass der 3. Umbau auf etwa 25 Meter steigen kann, bevor ihm die Puste ausgeht. Bei einer Gleitzahl von etwa 1:10 liessen sich damit bei Windstille Flugweiten von 250 Meter erzielen.
Der Kopfspant aus der Nähe, etwas vergrössert. Jetzt ist der vordere Haken gut erkennbar. Dieser Antriebsstrang kommt ohne Drucklager aus. © Arnold Wirz
Die wichtigste Änderung wird wohl der Klapppropeller bleiben. Ich plane nun, ein paar Ersatzpropeller von Günther zu erwerben, die Propellerblätter von der originalen Nabe zu trennen und mit der kleinsten derzeit für Elektroflug erhältlichen Klapppropellernabe zu verbinden. Auf diese Weise benütze ich erstklassisges und bewährtes Material und die Bastlerei beschränkt sich darauf die beiden Propellerblätter drehbar an der Nabe zu befestigen.
Hier kann man leider die handelsüblichen Graupner- und dessen Konkurrenz-Produkte aus der Elektrofliegerei nicht benützen, da diese für viel höhere Drehzahlen konzipiert sind.
Die starren Gummimotorpropeller von Graupner und Günther drehen am Anfang sehr schnell und gegen den Schluss der Gummispannung nur noch langsam. Ziel muss es sein, dass der Propeller von Anfang an noch etwas langsamer dreht und das ist ohne mechanische Hilfen nur mit einem etwas grösseren Propeller möglich, der dem Gummi mehr Widerstand entgegensetzt. So kann das Modell die Kraft im Gummi besser in Flughöhe umwandeln.
Verbesserungen beim Gummi
Über die Gummifäden von Graupner habe ich bereits berichtet. Es sind die gleichen, die auch von Günther vertrieben werden. Sie haben alle das Mass 1 x 3 mm bei unterschiedlicher Länge. Kleine 40-80 g-Modelle fliegen mit drei bis 6 Gummifäden, grosse Wakefield-Modelle der 200 g-Klasse mit bis zu 28 Fäden.
Das Bild zeigt die ganze Länge des Gummimotors am Super Decathlon von ca. 29 cm Länge: Propeller, vorderes Lager, vorderer Gummihaken, Gummi, hinterer Haken. Fertig. © Arnold Wirz
Den Schub meines Super Decathlon konnte ich ziemlich genau messen und durch Wiederholung bestätigen: Bei 100 Umdrehungen Vorspannung betrug er 22 g und bei 200 Umdrehungen waren es 35 g. Damit konnte die Super Decathlon ziemlich steil steigen.
Mit den bereits erwähnten Coop-Gummiringen fliegt das Modell aber besser, sofern ich ebenfalls 6 Gummistränge einsetze. Einziger Nachteil bei den Gummiringen ist, dass man sie verknoten muss, um auf die gewünschte Länge zu kommen. Beim Aufziehen können diese Knoten störend sein, wenn der Gummikanal zu eng gewählt wurde. Dafür halten sie auch ohne Vorbehandlung bis zu 250 Windungen aus und können zahlreiche Male wiederverwendet werden, ehe sie ausgetauscht werden müssen.
Ich pflegte einen Teil der Coop-Gummiringe für den 3. Umbau versuchsweise mit Silikon-Spray. Dies sollte sie beim Aufziehen geschmeidiger machen und sie sollten so auch länger halten, doch es hat nichts gebracht. Zu Vergleichszwecken führte ich zwei Sorten: Eine behandelte und eine unbehandelte. So konnte ich nach einer gewissen Zeit Vergleiche anstellen. Es kamen dann auch noch Versuche mit mehr als 250 Windungen dazu. Mein Ziel wäre es gewesen, ein kleines Gummimotormodell der 40 g-Klasse zu bauen, das auf 30 Meter steigen kann, dann den Propeller einklappt und möglichst lang Kreise fliegt, ehe es landet. Doch es kam nicht mehr soweit.
Der Markt für Gummimotormodelle und Zubehör
Versuche mithilfe von Suchmaschinen Fachgeschäfte für Gummimotoren zu finden, führen praktisch nur zu Firmen, welche die Spielzeugmodelle von Günther, Graupner und Aeronaut im Sortiment haben. Bei Günther sind auch Ersatzteile erhältlich, wie Gummis und Propeller. Firmen, welche Zubehör für die Klasse F1B führen, konnte ich auf die Schnelle keine finden und damit auch nicht die speziellen Klapppropeller. Fast scheint es, dass es ausser den drei erwähnten Firmen keine anderen Hersteller gibt und die F1B-Profis ihre Modelle samt Zubehör selber herstellen oder von Exklusivproduzenten aus Osteuropa und Fernost beziehen, ausser natürlich die Gummis und Zeitschalter. Für die Gummis soll es immer weniger Hersteller geben, vermutlich weil der Markt zu klein ist. Durch Zufall entdeckte ich den Namen einer Firma für Spezialgummis: SIG Manufacturing Co., Montezuma, Iowa 50171, USA. In der EU ist http://www.kavanrc.com der Importeur für SIG-Produkte. SIG bietet auch Gummischmiermittel und Glimmschnur für die Thermikbremse an.
Der Vorteil der kleinen Modelle
Ein Gummimotormodell in der Gewichtsklasse von 40 bis 80 g ist viel billiger als ein vergleichbares Modell mit Mikro-Elektromotor und es benötigt keinen Akku, keinen Lader, keinen Regler und keinen Timer. Das sorgt so dafür, dass diese kleinen Modelle sehr preisgünstig bleiben. 40 g ist normalerweise das Gewicht eines Einsteigermodells von Graupner, Aeronaut und Günther. Bei Aeronaut gibt es Modelle bis zu 85 g.
Da diese Modelle meist sehr preisgünstig sind, darf man von ihnen auch keine allzu tollen Flugleistungen erwarten, doch sind es ausnahmslos gut erprobte Modelle, welche Flugstrecken von bis zu 100 erreichen können. Die etwas nobleren Modelle dieser Klasse lassen sich im Bereich des Antriebsstranges durchaus noch tunen, so dass sie höher, weiter und länger fliegen. Wer ans Tunen denkt, sollte sich ein Modell mit etwas breiterem Rumpf auswählen, damit man mehrere Gummistränge einsetzen kann, denn das ist meist die am Leichtesten zu verwirklichende Tuningmöglichkeit, die etwas bringt.
Es ist also durchaus interessant, gerade bei diesen Modellen nach Verbesserungen zu suchen, denn da hat man rascher Erfolg. Wenn man mit Coop-Gummiringen fliegt, bleibt die Sache zudem sehr preiswert und man muss sie nicht ständig wechseln. Zudem sind sie in jedem mittelgrossen Coop in der ganzen Schweiz erhältlich für derzeit Fr. 3.90 und reichen für eine halbe Ewigkeit. In einer Packung hat es Ringe der verschiedensten Grössen. Kleinmodelle gehören keiner nationalen oder internationalen Klasse an. Daher gibt es keine Vorschriften und Regeln. Man braucht keinen Zeitschalter und man fliegt so lange, wie sie oben bleiben. Hier heisst das Ziel meist, möglichst lange zu fliegen. Wenn es windstill ist, geht das meist sehr gut, andernfalls ist Wandern angesagt, um das weit weg getragene Modell wieder zu finden.
Handwerkliche Aspekte
Bei einem kleinen Gummimotormodell stehen vor allem die handwerklichen Möglichkeiten des Modellbauers im Vordergrund und nicht die teure und komplizierte Technik. Platzhirsche bleiben bei dieser Sportart recht unauffällig, was der Sportart eine sehr friedliche Atmosphäre verleiht. Das Flugmodell selber spricht vor allem diejenigen Modellbauer an, die gerne bauen, aber auch die feinmechanisch begabten Bastler, die einen besonders leichten und gut funktionierenden Klapppropeller selber bauen können, wo hohe Anforderungen gestellt werden.
Übrige Aspekte
Gummimotormodelle der 40 bis 80 g-Klasse haben sich als Einsteigermodelle für Kinder hervorragend bewährt. Hier kommt man gut mit Balsa- und dünnem Sperrholz, Japanseide, Coop-Gummiringen und Plastk-Propellern von Günther und Graupner aus und kosten tut es weniger als Fr. 30.--, bis so ein Modell fliegt. Aber auch gestandene RC-Flieger finden an diesen Modellen Gefallen, weil sie so einfach sind und viel Steigerungspotenzial besitzen, wenn man einen Eigenbau wagt. Teure Technik braucht es nicht, etwas Kenntnisse im Balsaholzbau, in Aerodynamik und ein klein wenig Flugwetterkunde für Modellflieger sind aber durchaus gefragt. Einer der grössten Vorteile ist aber sicher der nahezu lautlose und sehr günstige Betrieb. In dieser Klasse ist der Gummimotor sogar fast konkurrenzlos.
Etwas anders sieht das in der Wakefield-Szene aus. Diese ist allerdings eher den Spezialisten und Tüftlern vorbehalten. Solche Modelle sind sicher kein Spielzeug mehr, erfordern viel Zeit und noch mehr Geld. Es gibt allerdings auch hier sehr gewiefte Bastler, die es mit einfachsten Mitteln und ohne exotische Materialien schaffen, ein mit Japanseide bespanntes Wakefield-Balsaholzmodell in die Höhe zu bringen. Dafür braucht es dann aber noch mehr Zeit. Die Adressen zur Beschaffung von Baumaterial in dieser Klasse findet man kaum im Internet, sie werden fast nur unter Insidern ausgetauscht.
Technische Daten Graupner Super Decathlon
Spannweite: 41.5 cm
Länge: 34.5 cm
Höhe: 6 cm
Gewicht: 36 g
Flugzeit bei 230 Umdrehungen: 12 Sekunden
Flugzeit bei 300 Umdrehungen: 15 Sekunden
erreichbare Höhe max: 5 m
Der Beitrag wurde von Arnold Wirz letztmals nachgeführt: 11.10.2017
Quellen:
- Arnold Wirz
- Wikipedia
- Graupner Super Decathlon
Letztmals redigiert: 28.6.2024