Fesselflug, etwas Geschichte und Infos von Arnold Wirz

Der Fesselflug wird auch als Kreisflug bezeichnet, was etwas weniger präzis ist. Ich habe seit meiner Jugendzeit meist als Alleintäter Fesselflug betrieben und wegen dieser Isolation lange Zeit nicht mitbekommen, dass sich schon längst der Begriff Fesselflug durchgesetzt hat. Ich benütze daher ab sofort ebenfalls diese Bezeichnung, auch wenn ich während Jahrzehnten etwas anderes gewohnt war. So ergeht es auch meinen Modellflugfreunden seit frühen Jugendjahren. Auch diese höre ich immer wieder von 'Kreisflug' reden. Auch im Welschland (Romandie) sagt man immer noch 'vol circulaire', wenn ich das richtig mitbekommen habe.

In Zürich-Seebach ist es heute fast nicht mehr möglich, Fesselflug zu betreiben, da das Quartier weitgehend überbaut ist. Um 1960 herum gab es überhaupt kein Problem damit, da damals das Leutschenbachgebiet noch viel Platz bot. Zudem gab es in Seebach das Fachgeschäft Kö-Modellbau, wo Werner Kölliker noch bis 1998 Fesselflugzubehör und ein gutes Sortiment an Balsaholz für die immer kleiner werdende Gemeinde der Holzwürmer an Lager hatte. Hier gibt's mehr zu Werner Kölliker.


Erster Fesselflug

Fesselflug ist heute nur noch eine untergeordnete Modellflugsportart, macht aber gerade deshalb viel Spass. Untergeordnet natürlich nur in punkto Menge der Anhänger. Das erste Fesselflugmodell überhaupt
baute im Jahr 1875 der Engländer Thomas Moy. Er erprobte ein gefesseltes Motorflugmodell mit Dampfmaschinenantrieb und 4 m Spannweite! Allerdings tat er das nicht in modellflugsportlicher Absicht, sondern er benützte das verkleinerte Modell lediglich, um seine Idee eines grossen Motorflugzeugs zu überprüfen.


Der Fesselflug als Flugsportart

Der Fesselflug im modelllflugsportlichen Sinne wurde erstmals im Jahre 1920 erwähnt und in den 1940er Jahren vom amerikanischen Modellflugpionier Neville Jim Walker erfolgreich weiter entwickelt, so dass die Modellflug-Sportart zu Beginn der 1950er Jahre auch auf Europa überschwappte. Vereinzelte Pioniere gab es aber auch in der Schweiz, wie etwa Hans Berger, welcher für seine 2,5 Jahre alte Tochter Heidi schon im Jahre 1944 in Amriswil TG ein solches Modell zusammenbaute und es dann allerdings selber flog, denn die beschenkte Tocher war altersbedingt nur Zuschauerin. Hans Berger hat das in der Aero-Revue vom November 1991 einmal kurz erwähnt. Mehr dazu siehe unter Berger, Hans, Schweizer Helikopterkonstrukteur (Beitrag folgt)


Mit Graupner ging es richtig los

Schon um 1955 hatte der deutsche Flugmodellhändler Johannes Graupner in Kirchheim/Teck ein ansehnliches Programm anzubieten, bestehend aus Flugzeugbaukasten, Handgriffen, Modellmotoren, Fliehkrafttanks von J. G. Standard und viel weiteres Zubehör. Ähnliches konnte man auch von Schuco Hegi sagen. Ganz wichtig war natürlich auch der Treibstoff, beginnend mit der für die damaligen Dieselmotoren optimal abgestimmten Alltagsmischung 1/3 Petrol, 1/3 Rizinus und 1/3 Äther (nach Volumen). Graupner vertrieb aber schon vor 1960 seinen recht teuren Titan-Treibstoff, welchen sich Sekundarschüler aber kaum leisten konnten.

Geflogen wurde mit einem Handgriff aus Holz des Typs "Meister" von Graupner oder dann mit einem aus Kunststoff des Typs 201.12 von Schuco Hegi, von welchem zwei dünne Litzendrähte zum Flugmodell führten, wo mit einem Alu-Umlenk-Dreieck die Auf- und Abbewegung des Handgriffs in eine Hin- und Herbewegung über einen Stahldraht zum Höhenruder geleitet wurde und so das Flugzeug in der Flughöhe steuerbar machten. Mit einem genügend starken und leichten Modell konnte man so einen halbkugelförmigen Flugbereich abdecken. Figuren wie stehende Acht, liegende Acht, Überkopf-Acht, Vorwärts- und Rückwärts-Looping, stehender Halbkreis, Überkopf-Kreis, Wellenflug, Rückenflug usw. waren möglich. Schnelle Modelle wurden mit 20 Meter Leine geflogen, für langsamere reichten 12 bis 15 Meter und für die sehr seltene Gattung der Mini-Motorsegler geht es bereits ab 5 Meter. Möglich ist dies dank der Zentrifugalkraft, welche das Flugzeug nach aussen drückt. Damit diese Kraft stets erhalten bleibt, wird das Seitenruder fest nach aussen gerichtet.

Der Erfolg des Fesselfliegens hing damit zusammen, dass es zu jener Zeit noch keine Fernsteuerungen gab. Erst ab etwa 1955-60 kamen die ersten Fernsteuerungen auf den Markt, waren aber noch recht teuer. Wer also kontrolliert und mit Motorenkraft zu finanziell günstigen Bedingungen ein Modell fliegen wollte, musste den Fesselflug wählen.

Angetrieben wurden die Modelle mit Motoren aus Deutschland, meist waren es Zweitakt-Dieselmotoren der Marken Taifun und Webra, während aus Italien (Rossi, Barbini), Japan (Enya, OS Max) und den USA (Cox) eher die Glühzünder-Motoren vorherrschten. Um 1960 herum hatte die Fesselflugszene wohl ihren Höhepunkt. Danach wechselten immer mehr Modellflieger zur Fernsteuerung, die grössere Freiheiten bot, aber auch grössere Fertigkeiten verlangte. Der grosse Vorteil des Fesselfluges war sicher der niedrige Preis für einen Einsteiger, die sehr leichte Erlernbarkeit des Fliegens auch für grobmotorische Personen, deren Orientierungssinn nicht so gut war. Und genau zu diesen gehörte auch ich. Ich bin dem Fesselflug aus gutem Grunde treu geblieben und fliege gelegentlich auch heute noch, seit 1993 allerdings elektrisch und zwar ganz gemütlich. Mein allererstes Modell war 1960 ein Graupner Mustang und dann folgte 1962 mein erster Eigenbau, ein Pilatus Porter. Mehr siehe dort! Viele Modellflugfans sind aus dem gleichen Grund dem Fesselflug treu geblieben. Doch es gab natürlich auch im Fesselflug Supertalente, welche dennoch dabei blieben, einfach aus Spass an der Freude.


Der Fesselflug wird reglementiert

Der Fesselflug wurde reglementiert und von der FAI in einzelne Klassen eingeteilt:

F2A - Geschwindigkeit
F2B - Kunstflug
F2C - Mannschaftsrennen
F2D - Fuchsjagd (Combat)

Ein ganz beträchtlicher Teil der Fesselflugszene hat mit der FAI nichts zu tun. Das sind all jene, die sich nicht sportlich messen wollen. Es sind jene Modellbauer, die einfach aus reiner Freude im kleinen Kreis oder in einem Klub dem Hobby huldigen. Es gibt aber auch viele Einzelgänger, welche meist rein bastlerisch, teils auch rein nostalgisch Fesselflug betreiben. Alle diese Flugaktivitäten fallen somit in eine Art offenen Klasse, wo es keine vorgegebenen Regeln gibt. Da kann jeder für sich selbst postulieren, was er bauen will: Schwere Flugmodelle, mehrmotorige Flugmodelle, Scale-Modelle, impellergetriebene Flugmodelle und Propellermodelle mit Elektromotor, Mini-Modelle, Mototorsegler und Gemütlichkeitsmodelle für die ganz Friedlichen. In diese Klasse fallen auch die skurrilen Modelle, wie fliegende Bügelbretter, Flugsaurier und Flügelklaviere. Alle diese Modelle betreffen fast ausschliesslich Flächenflugzeuge. Helikopter konnte ich in der Fesselflugszene noch keine beobachten. Im Prinzip müsste aber auch das zu schaffen sein.


Am Anfang standen die Diesel- und die Glühzünder-Motoren

Auch bei den Motoren gibt es grosse Unterschiede: Man fliegt mit 2-Takt- oder Viertakt-Verbrennermotoren und unterteilt sie noch in Diesel- oder Glühzünder. Diese Modellmotoren werden heute meist mit Schalldämpfern geflogen. Puristen und Nostalgiker fliegen auch gerne noch ohne Schalldämpfer, wie das früher üblich war, müssen sich dann aber meist in den Outback begeben, wo sie niemanden stören. Modelle, welche mit Verbrennermotoren fliegen, werden meist mit Propellern angetrieben, viel seltener auch mit Impellern. Zudem gibt es auch immer mehr turbinengetriebene Modelle. Seltener sind wegen des grossen Lärms und der Unmöglichkeit, sie in der Leistung zu regulieren, die Pulsstrahlrohre. In die Kategorie der Verbrenner gehören im Prinzip auch dampfgetriebene Modelle, von denen es aber nur ganz wenige Einzelstücke gibt. Kolbentriebwerke haben eine grosse Tradition, waren sie es doch, mit denen alles begann.


Es folgten die Elektromotoren

Seit rund 25 Jahren haben sich aber die Elektromotoren immer mehr durchgesetzt, welche den Vorteil haben, dass sie meist viel leiser fliegen. Elektrisch betriebene Modelle haben den Vorteil, dass sie auch in der Nähe von Siedlungen geflogen werden können. Diese kamen erst in den mittleren 1980er Jahre auf, als die NiCd-Batterien entsprechende Leistungen ermöglichten. Die Anzahl der Impellermodelle hat in diesem Bereich deutlich zugenommen, weil sie ein äusserst preiswerter Ersatz für die teuren und anspruchsvollen Turbinen sind. Wegen der hohen Fluggeschwindigkeiten sind Impeller- und Turbinenmodelle im Fesselflug aber dennoch eher selten anzutreffen. Nach den Nikel-Kadmium- und Nickel-Metallhydrid-Akkus sind heute immer mehr Lithium-Polymer-Akkus im Einsatz, welche deutlich leichter sind, mehr Kapazität aufweisen und auch schneller geladen werden können.


Die Startprozedur

Einen beträchtlichen Unterschied gibt es auch beim Starten. Die einen müssen von einem Werfer in die Luft abgegeben werden, während andere wiederum ein Fahrwerk besitzen und selbststartfähig sind. Doch auch diese benötigen einen Starthelfer, welcher das Modell nach dem Anlassen des Motors so lange festhält, bis der Pilot mit dem Handgriff startbereit ist. Daneben gibt es aber auch verschiedene Möglichkeiten des Selbststarts ohne Helfer. Zwei Beispiele findet man unter Fesselflugmodell PR-1B und Fesselflugmodell PR-4D, siehe dort (Beiträge folgen)!


Fesselflug heute

Wer sich zu den Fesselflug-Nostalgikern zählt oder einer werden möchte und nicht irgend ein Modell, sondern eines von damals bauen möchte, kann sich aus dem Planarchiv Modelle der IGA Reproduktionen von alten Bauplänen beschaffen.

Wer Lust hat, einen bereits vorgefertigten Fesselflug-Modellbausatz zu fliegen, der wende sich an folgende Adresse: www.bfm-modellbau.de. Das bfm-Modellbau-Team in Bergheim (D) vertreibt zahlreiche Fesselflug- Modellbausätze in hoher Qualität und in klassischer Balsaholzbauweise. Ein Besuch dieser Website lohnt sich. Wer sich gewohnt ist, von A bis Z alles selbst zu machen, kann das beim Fesselflug in ganz besonders schöner Weise anwenden und seine Freude haben.

Wer sich regelmässig in der Szene der Fesselflieger informieren möchte, schaue sich im «Lassogeier» um, welcher sich ausschliesslich mit Fesselflug beschäftigt. Er erscheint im Internet und man kann die Beiträge, welche interessieren, kostenlos ausdrucken, was den Vorteil hat, dass man sein Papierarchiv auf das Wesentliche beschränken kann. Herausgeber ist Axel Jungherz in Köln. Ich entsinne mich, dass Lassogeier in den frühen 1960er Jahren die scherzhafte Bezeichnung für ein Fesselflugmodell war.


Quellen:
- Arnold Wirz, eigene (Erfahrung von 1959 bis heute)
- www.mg-buchs.ch/modellflugsparten/
- www.fesselflug.ch
- Wikipedia unter "Flugmodell" (Thomas Moy, 1875)

 

Letztmals redigiert: 26.6.2024