Schwalbe von Streil, Hope, Infos zum Modell von Arnold Wirz

 

Gab es einen Vorläufer der Schwalbe?

Zur Schwalbe gibt es bei mir noch eine grosse Unsicherheit. Ich erinnere mich, dass die Firma C. Streil & Co. schon ein einem Katalog um 1960 einen A2-Segler anbot, welcher fast genau gleich aufgebaut war wie die spätere Schwalbe von 1977. Leider habe ich den Namen dieses Modells vergessen, doch denke ich, dass schon dieser Vorgänger Schwalbe hiess. Im damaligen Katalog war zu lesen, dass das T-Leitwerk den Vorteil habe, dass es beim Landen nicht beschädigt werden könne, weil es genügend weit vom Boden entfernt war.

UrschwalbeHier sieht man die Ur-Schwalbe von Peter Rüsch aus dem Jahre 1970, welche der späteren Schwalbe von 1977 gleicht. Hier erkennt man die leichte Verjüngung der Flügeltiefe auf den äussersten 10 cm, ein bekanntes Design-Merkmal von Fritz Sidler. © Arnold Wirz

 

UrschwalbeDie alte A2-Ur-Schwalbe von Peter Rüsch im Flug, hier mit der Tip-Tip-Steuerung und noch ohne Motor, jedoch als Schulterdecker ausgelegt. Der Flügel war mit gekreuzten Gummiringen befestigt. © Arnold Wirz

Die beiden Fotos der Ur-Schwalbe unten wurden zwar 1970 aufgenommen, doch zeigen sie vermutlich das Modell vom 1960er Katalog. Konstrukteur war schon damals vermutlich Dieter Siebenmann, doch sicher bin ich gar nicht.

Ich bin bis heute etwas verunsichert, ob dieses Modell identisch ist mit der neuen Schwalbe von 1977, denn die neue Schwalbe hatte nun etwas weniger Flügelstreckung, ein verkleinertes T-Leitwerk und einen Mitteldeckerflügel. Die damals noch typische, nach vorne abfallende Knollennase beim Rumpf blieb unverändert. Zur besseren Unterscheidung der beiden Modelle nenne ich das ältere Modell vorläufig "Ur-Schwalbe", bis alles genau geklärt ist.

 

Die Schwalbe von 1977

Die Schwalbe war bereits der vierte Leistungssegler der damaligen A2-Klasse, den C. Streil & Co. auf den Markt brachte. Sie hatte eine Spannweite von 180 cm und wurde seit etwa 1977 angeboten. Diese Jahreszahl betrifft die überarbeitete Schwalbe und fusst allein auf einem kleinen Prospekt von Streil aus dem Jahre 1977. Sehr bekannt kommt mir aber der Text im 1977er Prospekt vor, denn dort finden sich wieder genau jene Sätze, die ich schon im Streil-Katalog von ca. 1960 zur Ur-Schwalbe gelesen habe.

SchwalbeDer Leistungssegler Schwalbe war bereits der fünfte A2-Segler, den C. Streil & Co. ab etwa 1977 anbot. Die anderen waren der Bye-Bye, der Rüebliländer, die Moeve und der Kö III. Hier eine Aufnahme aus dem Prospekt der Firma Streil von 1977. © Arnold Wirz

Die neue Schwalbe war ein Segelflugmodell, das speziell für den Hochstart, aber auch für den Hangflug konzipiert war und wies ein T-Leitwerk auf. Von der Schwalbe von 1977 ist mir der Name des Konstrukteurs noch nicht bekannt. Hanno Pfeiffer hat mir bestätigt, dass er es nicht war und er sich nicht erinnern könne, wer es war. Mit einem älteren Streil-Katalog wäre das in wenigen Minuten geklärt. Noch bin ich am Suchen.

Dank der grösseren Spannweite war die Schwalbe dem Bye-Bye etwas überlegen. Zudem besass sie einen breiteren Rumpf als die alte Schwalbe und damit genügend Platz für eine Fernsteuerung, Empfänger, Akku und Servos. Der Umbau eines A2-Seglers in einen RC-Seglers war damals oft anzutreffen, so auch beim Rüebliländer, dem Bye-Bye, der Libelle und der Moeve. Wieviele Baukästen die Streils von der Schwalbe vertrieben haben, ist nicht bekannt, doch schätze ich, dass es viele tausend waren, denn die Schwalbe war ein sehr beliebter Schnellbaukasten an den Schweizer Schulen, als im Werkunterricht der Modellflug noch seinen verdienten Stellenwert hatte.

Die Baupläne der Schwalbe gelten derzeit als verschollen. Nicht einmal Walter Wolf von Selzach SO hat welche, die überlebt hätten. Da die Schwalbe aber sehr häufig gebaut worden ist, vor allem an Schulen, müsste irgendwo wenigstens noch ein Bauplan oder eine Baubeschreibung überlebt haben, nur leider nicht in meinem Bekanntenkreis. Im Internet findet man auch bei etwas vertiefter Suche rein gar nichts mehr über dieses Modell.

Nachtrag IGA: Im HOPE-Schulprospekt von 2003 ist die Schwalbe abgebildet. Am 31.8.2023, dem letzten offenen Verkaufstag von Hope in Schöftland, konnte unser Archivar noch einige wenige Bautaschen der Schwalbe ergattern. Auf dem darin enthaltenen Plan ist Dieter Siebenmann als Konstrukteur aufgeführt. Hier Endet die Geschichte dieser Schwalbe nach 46 Jahren. Der Bauplan ist bei der IGA im Planarchiv vorhanden.

 

Aufbau

Die originale Schwalbe besass einen Hohlrumpf und war als Schulterdecker ausgebildet. Sie hatte ein modernes T-Leitwerk und war dennoch einfach konstruiert. Sie stellte keine allzu hohen Ansprüche an den Modellbauer, ausser sauberes und genaues Schaffen. Der Flügel war teilbar, sodass das Modell auch einigermassen transportierbar war. Die Flügel hatten auf jeder Seite 21 Rippen und nur einen kräftigen Hauptholm. Der Rippenabstand betrug 4.5 cm. Es gab keine Knicke in den Flügeln. Die Flugstabilität wurde allein durch die V-Stellung der Flügel erwirkt. Die Flügelmontage kam dank der Auslegung als Schulterdecker mit etwas breiterem Rumpf ohne gekreuzte Gummiringe aus, was das Modell recht elegant aussehen liess. Im Baukasten waren ein 1:1-Bauplan und sechs Skizzen sowie eine exakte Baubeschreibung enthalten, welche auch eingehend auf das Einfliegen des Modells einging.

Die Flügel der Schwalbe mussten gemäss Baukasteninhalt mit gelbem Bespannpapier bezogen und mit Spannlack bespannt werden. Diese Art der Bespannung war ziemlich heikel auf Berührungen oder Landungen auf Stoppelfeldern oder Äckern, was bei A2-Seglern nicht selten vorkam. Gewieftere Modellbauer mit einschlägiger Erfahrung gingen dazu über, das Modell mit der sehr leichten Japanseide zu bespannen. Diese machte das Modell zwar etwas schwerer, doch dank der Erfahrung merkte man rasch, dass zweimal mit Lack bespannen völlig ausreichten. So wurde das Modell nur etwa 12 bis 15 g schwerer. Dafür hatte man dann mit der Bespannung 40 Jahre lang Ruhe.

Wie alle A2-Leistungssegler besass auch die Schwalbe ein grosses Höhenleitwerk von ca. 4 dm² Fläche und sie war mit einer Thermikbremse ausgestattet. Diese konnte mit einer Glimmschnur oder mit einem Zeitschalter ausgelöst werden. Zum Starten benützte man damals eine Hochstartseilwinde und konnte so das Modell auf eine Ausgangshöhe von bis zu 50 Metern bringen, was auch an ruhigeren Tagen meistens reichte, um Thermikanschluss zu finden, denn die Schwalbe entsprach den neuesten aerodynamischen Prinzipien. Gewisse Startspezialisten schafften es schon in den 1950er Jahren dank einer speziellen Wurftechnik, so ein A2-Modell auf eine Höhe von über 20 Metern zu schleudern. An einen solchen Werfer kann ich mich noch selber erinnern.

 

Flugeigenschaften

Die Schwalbe reagierte dank ihrem geringen Gewicht und der hervorragenden Aerodynamik sehr feinfühlig auf Thermik und gewann dann rasch an Höhe. Man war also gut beraten, die Thermikbremse zu benützen. Mit der Zeitschaltuhr konnte man diesen Moment bis auf 6 Minuten ausdehnen. Das niedrige Gewicht und die damit verbundene, kleine Flächenbelastung sorgten allerdings dafür, dass das Modell schon bei leichtem Wind ein Spiel der Elemente wurde. Es wurde schon im Werkunterricht dringend geraten, nur bei Windstille oder ganz leichtem Wind zu fliegen oder sich auf den Hangflug zu beschränken.

 

Schicksal der Schwalbe

Die Schwalbe kam relativ spät auf den Markt, als es bereits viel Konkurrenz gab. Dies führte dazu, dass sie trotz guter Eigenschaften nicht mehr die Zeit hatte, sich einen guten Ruf aufzubauen. Hier galt: Das Bessere ist der Tod des Guten. Trotz recht hohen Verkaufszahlen für die Schulen, geriet sie im Zuge der Entwicklung des Modellflugs rasch auf das undankbare Abstellgleis. Einzig bei den bedächtigeren Modellfliegern oder jenen, die nur wenig Taschengeld hatten, sah man sie noch viele Jahre, allerdings nicht wegen ihren Leistungen, sondern wegen ihrer Haltbarkeit. Sie neigte weniger zum Entfliegen und überstand auch Landungen fast unbeschadet, die diese Bezeichnung nicht mehr verdienten.

 

Andere Schwalben

Im Paul-Hucke-Archiv wird eine Helm-Schwalbe erwähnt, deren Konstrukteur Gerhard Haekel hiess. Sie hatte eine Spannweite von 165 cm und wurde 1935 konstruiert und stammte aus Deutschland.

Ebenfalls in Deutschland produziert und vertrieben wird von Beinecke-Modellbau in Gersfeld ein recht erfolgreicher Segler, ebenfalls mit T-Leitwerk, der den gleichen Namen trägt. Es gibt aber keinen Zusammenhang mit dem hier vorgestellten Modell von C. Streil & Co. Der gleiche Name ist rein zufällig.

In kyrillischer Schrift fand ich auch ein Verkaufsangebot für ein Segelflugmodell namens Schwalbe mit 100 cm Spannweite, konstruiert von einem gewissen Herrn R. Wille und produziert beim VEB Anker Mechanik Eisfeld, in Schönbrunn, Thüringen, DDR.

 

Technische Daten

  • Spannweite: 180 cm
  • Rumpflänge: ca. 90 cm
  • Flügeltiefe: ca. 16.5 cm
  • Flügelstreckung: 10.9
  • Bespannung: Japanseide + Spannlack
  • Tragflächeninhalt: ca. 29.7 dm²
  • Höhenleitwerkflächeninhalt ca. 4 dm²
  • Gesamtflächenbelastung: 12.167 g/dm²
  • Fluggewicht: ca. 410 g
  • Fluggeschwindigkeit: um 13 km/h im Gleitflug
  • V-Stellung der Tragflächen: ca. 4-5°
  • Konstrukteur Dieter Siebenmann

Fast alle Daten sind geschätzt, die exakten Daten folgen, sofern ich diese überhaupt noch finde. Die Schätzungen beruhen auf den noch vorgefundenen Fotos und dürften einigermassen verlässlich sein.

 

Quellen:

  • Streil-Werbeprospekt
  • Streil-Katalog
  • Dominique Vultier (Foto vom Baukasten)
  • Arnold Wirz
  • Bautasche bei Hope gekauft

Dieser Beitrag wurde durch Arnold Wirz letztmals am 4.8.2018 nachgeführt.

Letztmals redigiert: 27.5.2024

 

ZeitschaltuhrMit einer solchen Zeitschaltuhr wurde die vorgegebene Zeit für das Auslösen der Thermikbremse eingestellt. Hier eine solche von KSB, später gab es auch eine ganz ähnliche von Graupner unter der Best.-Nr. 153 und noch später die Nr. 154. © Arnold Wirz

 

HochstarthakenSo sah der Starthaken bei der Schwalbe aus. Es war das selbe Produkt wie beim Kö III, dem Kö C, dem Bye-Bye, dem Rüebliländer usw. © Arnold Wirz