Moeve, Info zum Modell von Arnold Wirz
Vorgeschichte
Im Herbst 2015 konnte ich einen 'modernen' Freiflug-A2-Segler für ein sehr bescheidenes Taschengeld entgegen nehmen. Der Verkäufer wollte lediglich seine Umtriebe durch den Transport entschädigt erhalten, sodass das Modell quasi eine Schenkung darstellt. Auch hier hiess der grosszügige Spender Hans Toniolo, der selber Modellflieger ist, sich aber aus Platzgründen von einigen älteren Modellen trennen wollte, die er nicht selber gebaut, sondern von anderen Modellbauern übernommen hatte.
Das Modell, das ich nicht kannte, stammt beim Vergleich mit der Klauser Libelle ganz eindeutig vom gleichen Konstrukteur, nämlich eben von Ernst Klauser, der die Moeve zusammen mit F. Meier entwickelte. Das war an der fast gleichen Rumpfform zu erkennen und an der ähnlichen Bauweise. Da ich meine Streil-Kataloge leider schon um 1978 veräussert habe, blieb mir die Moeve unbekannt. Beim Identifizieren des Modells waren dann die Herren Walter Wuhrmann und Bruno Ferrari von der MG Zürich erfolgreich. Ein herzliches Dankeschön für diese kameradschaftliche Hilfe. Sie identifizierten das Modell als Moeve und konnten auch bestätigen, dass die Moeve bei C. Streil & Co. als Bausatz hergestellt wurde und im Streil-Katalog aufgeführt ist. Inzwischen hat sich auch ein Hans Stadler gemeldet, welcher sich noch erinnert, dass er die Moeve schon 1970 an einem Schülerkurs in Altstetten baute und dass sie sehr schön geflogen sei.
Modellbeschrieb
Das Modell ist sehr massiv gebaut und weist auch eine relativ neuere Bespannung auf, die nicht aus Seidenpapier besteht, sondern aus einer Folie in der Art von Ecospan oder Litespan
Die mit Ecospan oder Litespan bezogenen Flügel des Modells auf dem Bild verraten grosse bauliche Kompetenz. Welches Modell sieht nach 38 Jahren immer noch so aus als wäre es neu erbaut? An diversen feinen Schleifspuren ist zu erkennen, dass es auch geflogen wurde. © Arnold Wirz
Das Modell ist etwas grösser und schwerer als die Libelle und dürfte um 1978 herum erbaut worden sein. Die Konstruktion der Moeve stammt aber aus dem Jahre 1970, auch das konnte inzwischen dank Hans Stadler bestätigt werden, denn er hat sie in diesem Jahr gebaut. Mein Modell ist allerdings erst 38 Jahre alt und befindet sich in nahezu perfektem Zustand. Die gewählte Bespannung ist ziemlich zäh und langlebig und wesentlich schneller aufgetragen als Japanseide.
Das Modell aus der Nähe. Gut erkennbar sind hier die vier kleinen Holzzapfen in der Flügelmitte, um mit Gummiringen die beiden Flügelteile zusammen zu fügen. Vorne an der Rumpfspitze die Bleikammer-Verschlussschraube. © Arnold Wirz
Das vorliegende Modell gehört jetzt schon zusammen mit der Libelle zu den am besten erhaltenen 'antiken' Modellen in meiner Sammlung. Da es erst um etwa 1978 erbaut wurde, aber für den Betrieb mit einer Thermikbremse noch mit Glimmschnur ausgelegt ist und nicht für eine Zeitschaltuhr, scheint es eines der letzten Modelle gewesen zu sein, bei welchem die Thermikbremse so ausgelöst wurde. Trotz einem Gewicht von über 500 g erwies es sich für den Hochstart als bestens geeignet, auch die konnte Hans Stadler bestätigen. Wohl daher war die Hochstartvorrichtung an meinem Modell vorhanden. Die Thermikbremse mit Glimmschnur statt einer mechanischen Zeitschaltuhr ist für den Liebhaber eines klassischen Freiflugseglers aber durchaus valabel. Man vergisst vor lauter Technik gerne, dass das Segeln mit einem Modellflugzeug eben in erster Linie ein Naturerlebnis ist. Auch der gehobene Pfeifenraucher bevorzugt es, seinen Tabak mit einem Zündhölzli anzuzünden und nicht mit dem Feuerzeug.
Zu den Konstrukteuren der Moeve-Linie
Ernst Klauser, zusammen mit F. Meier Konstrukteur der Moeve, war in den 1950er Jahren massgeblich am Aufbau der Modellbaukurse des Schulamtes der Stadt Zürich beteiligt und hat mit Unterstützung des Modellbaugeschäfts von C. Streil & Co. mitgeholfen, diese Kurse bei Schülern und Lehrern so beliebt zu machen, dass dank den grossen Auflagen der Baukästen diese vergünstigt an die Schulen verkauft werden konnten. Zur Schreibweise Moeve statt Möwe: Sie wurde vermutlich gewählt, um das Modell von anderen Möwen abzuheben.
Von der Moeve hat es auch die Variante Zürimoeve gegeben, die 203.5 cm Spannweite hatte und an deren Konstruktion aber Hanno Pfeiffer von der Firma C. Streil beteiligt gewesen war.
Von der Moeve abgeleitet war auch die bereits erwähnte Libelle, deren Name noch nicht 100%-ig gesichert ist, doch unabhängig davon stammt das Modell von Ernst Klauser. Ob er die Libelle zusammen mit F. Meier oder alleine entwarf, ist mir noch nicht bekannt. Ein Streil-Katalog könnte das klären.
Hier sieht man oben die Libelle und unten die Moeve. Es ist leicht die grosse Verwandtschaft der beiden Modelle zu erkennen, doch sagt Hanno Pfeiffer, dass er nicht der Konstrukteur der Libelle sei, somit fällt der Verdacht wieder auf Ernst Klauser. © Arnold Wirz
Auch von ober her gesehen stimmen die beiden Kastenrümpfe weitgehend überein. Der grosse Unterschied sind die Leitwerke. © Arnold Wirz
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Hier sieht man die Moeve 3 von Ernst Klauser, eine RC-Version der Ur-Moeve. Klauser war einer der frühen RC-Pioniere. Unter anderem hat er auch Fernsteuerequipment hergestellt. Anlagen von ihm sind im Museum von Urs Leodolter ausgestellt. © Dominique Vultier
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Technische Daten:
- Typ: Freiflug-A2-Segler, ausgestattet mit einer Glimmschnur- Thermikbremse
- Baujahr: 1978
- Spannweite: 180 cm
- Länge: 104 cm
- Höhe 14 cm
- Gewicht: 516 g
- Flügeltiefe 19.4 cm
- Flügelfläche: 29.9 dm²
- Flächenbelastung: 17.62 g/dm²
- Bespannung: Ecospan oder Litespan
Quellen:
- Arnold Wirz
- Dominique Vultier (erkannte das Schwestermodell Libelle und lieferte Bilder der Züri-Moeve)
- Hans Stadler, Bruno Ferrari, Walter Wuhrmann (identifizierten das Modell als Moeve oder lieferten Angaben)
Der Beitrag wurde von Arnold Wirz letztmals nachgeführt am: 25.9.2016
Letztmals redigiert: 27.3.2024
Hier sieht man die RC-Version der Züri-Moeve von Hanno Pfeiffer. © Dominique Vultier
Ein weiteres Bild der RC-Version der verwandten Züri-Moeve. Es ist das Modell von Hanno Pfeiffer. © Dominique Vultier