Flamingo von Streil, Hope, Infos zum Modell von Arnold Wirz

 

Vorgeschichte

In einem Baukasten des Segelflugmodells "Rüebliländer" fand sich ein Prospekt von C. Streil & Co., in welchem das Modell Flamingo zusammen mit dem A2-Segler Schwalbe als Neuheit angepriesen wurde. Diese beiden Modelle kamen somit zur gleichen Zeit auf den Markt. Beim Flamingo handelte es sich um einen A1-Segler.

FlamingoDies ist das Original-Foto aus dem Werbeprospekt von C. Streil & Co, der im März 1977 erschien. © Arnold Wirz

In der Bauanleitung steht, dass der Flamingo als verbesserter Piccolo zu betrachten sei. Diese Bauanleitung trägt zusammen mit dem Bauplan das Druckdatum März 1977. Damit ist klar, dass Hanno Pfeiffers erste Prototypen des Flamingos vermutlich erst nach dem Hinschied von Fritz Sidler (1976) entstanden.

Die Firma C. Streil & Co. war daran interessiert, den in die Jahre gekommenen Baukasten des A1-Seglers Piccolo von Fritz Sidler auch in die weitere Zukunft zu retten und setzte daher auf Hanno Pfeiffers Flamingo. Dass für den Piccolo ein Ersatz nötig war, ergab sich indirekt durch eine Aussage eines meiner damaligen Modellflugkollegen, der bemerkte, dass die Konkurrenzmodelle weiter flogen. Hanno Pfeiffer arbeitete bei der Firma Streil und war zuständig für das Zusammenstellen der Baukästen. So war er der ideale Mann, um für den Piccolo ein Ersatzmodell zu bauen. Vom Flamingo gibt es noch eine Originalfoto, siehe unten! Man findet im Internet allerdings nichts über das Modell. Mit der Publikation dieses Beitrages wird dieser Mangel nun behoben sein und alle historisch Interessierten finden wieder Angaben zum Flamingo der Firma Streil.

Der Flamingo kam allerdings zu einer Zeit auf den Markt, als die Volksschulen bereits begannen, den Flugmodellbau aus ihren Freizeitprogrammen und Ferienkursen zu entfernen. Das führte dazu, dass er nicht mehr die grossen Auflagen des Piccolos erreichte. Wie viele Tausend Baukästen die Firma C. Streil & Co. noch verkaufen konnte, ist nirgends festgehalten. Vielleicht findet sich aber an versteckter Stelle in einem Streil-Katalog doch noch ein Hinweis.

Nachtrag IGA: Der Flamingo findet sich noch im Hope-Schulprospekt von 2003.

 

Modellbeschrieb

Der Konstrukteur des Flamingos, Hanno Pfeiffer, schreibt in seinem Baubeschrieb, dass der Flamingo ein Versuch sei, ein formschönes Modell zu kreieren und gleichzeitig die Flugleistungen des Piccolos zu steigern und zwar ohne die Bauzeit zu verlängern oder die Kosten in die Höhe zu treiben. Gleichzeitig wollte er aber auch das an und für sich wegweisende und gelungene Design von Fritz Sidlers Piccolo beibehalten.

Flamingo SchachtelDas Foto zeigt den originalen Baukasten des Modells mit dem Namen des Konstrukteurs H. Pfeiffer. Der Baukasten befindet sich noch in guter Verfassung und wird Teil meiner Sammlung. © Hans Toniolo

In seinem Prospekt schreibt C. Streil & Co.: Der einfache Aufbau erlaubt auch ungeübten Modellbastlern den Bau dieses Modells. Die V-Form des Flügels und die Ohren verleihen dem Modell ausgezeichnete Flugeigenschaften und Eigenstabilität. Die Bauteile sind weitgehend vorgearbeitet. Das Material ist ausgesuchte, beste Qualität. Der Rumpf ist teilweise Vollbalsa und wird zusätzlich beplankt, die Rippen sind gestanzt. Einige Teile sind zur Bauvereinfachung auch nummeriert. Thermikbremse und Kurvensteuerung sind vorgesehen. Der Bauplan ist im Massstab 1:1 gehalten und enthält zahlreiche Bauvermerke. Zudem ist die Bauanleitung sehr ausführlich gehalten. Der CES-Baukasten enthält alles zum Bau benötigte Material, Bespannpapier, Britfix-Leim, Bleischrot, Kleinteile, Bauplan und Bauanleitung usw.

 

Herkunft meines Flamingos

Meinen Flamingo erhielt ich von Hans Toniolo als Schenkung zuhanden meiner Antikmodellsammlung im Herbst 2015. Dieser Flamingo stammt tatsächlich aus dem Jahre 1977 und die Seidenpapierbespannung der Flügel war demensprechend spröde und teilweise bereits eingerissen. Das Höhenleitwerk fehlte leider, doch habe ich inzwischen ein neues gebaut auf der Basis desjenigen des Piccolos. Hans Toniolo hat das Modell erst später erworben. Der Bauplan selber war leider nur in ausgeschnittener Form vorhanden. Ich werde versuchen, ihn zu rekonstruieren. Umso erfreulicher ist, dass die Schachtel des Baukastens noch weitgehend unbeschädigt ist und somit Teil meiner Sammlung wird.

 

Meine Änderungen am Original

Der Flamingo ist inzwischen im Rohbau wieder hergestellt und wird später noch bespannt, wobei ich ihn weitgehend in seinem Ursprungszustand belasse. Rumpf und Flügel werden aber in gelber Farbe gehalten. Die Flügel werden neu statt mit Seidenpapier, mit feinster Japanseide von Graupner bespannt, die viele Jahrzehnte hält und sehr strapazierfähig ist. Die Japanseide war schon seit den 1950er Jahren eine gängige Art, die Flügel von Modellflugzeugen zu bespannen, vor allem bei jenen, die grösseren Strapazen ausgesetzt sind, seien es nun Landungen in Bäumen oder Transporte in Sportsäcken oder im ÖV.

Statt einer Glimmschnur wird die Thermikbremse mit einer Zeitschaltuhr ausgelöst. Diese Änderung erfolgt aber erst später, da Zeitschaltuhren nur noch als Occasionen erworben werden können. In Ricardo werden solche Uhren nur noch sehr selten angeboten. Das Mehrgewicht dieser Uhr wird durch Reduktion des Bleiballasts ausgeglichen. Der einteilige (!) Flügel ist mit 134 cm Spannweite etwas gar lang geraten, um ihn in Sportsäcken oder in Bus und Bahn zu transportieren. Daher habe ich ihn in der Mitte getrennt und mit einer Steckverbindung mit Federstahl und Messinghülsen versehen. Das Mehrgewicht durch die neue Bespannung, die Farbe und die Steckverbindung der Flügel dürfte sich im Bereich von 20 g halten. Durch den Verzicht auf Hochstarts wird der Starthaken überflüssig, sodass er entfernt wird. Die Montageöffnung bleibt aber erhalten, damit man ihn später jederzeit zurückrüsten kann.

Statt Zierstreifen auf dem Vorderrumpf habe ich eine schwarze Kabinenhaube aufgemalt.

 

Fazit

Wie man bemerkt, wird das Modell etwas verbessert und den heutigen Standards angepasst, aber dennoch nur sehr diskret. Auf Bespannfolie wird verzichtet und auch eine RC-Steuerung kam nicht infrage. Hochstarts werde ich keine machen, sondern Hangstarts von Hand bevorzugen. So bleibt eigentlich die alte Technik des A1-Modellflugs weitgehend erhalten und dennoch wird so den Mühseligkeiten mit dem Hochstart der 1950er bis 1970er Jahre ausgewichen. Weitere Fotos folgen, sobald das Modell vollendet ist. Wegen meinem Umzug nach Gipf-Oberfrick AG verzögert sich das um ein paar Monate.

 

Schicksal des Modells

Aus Platz-, Alters- und gesundheitlichen Gründen musste ich im Herbst 2016 in eine kleinere Wohnung in der Nähe meiner Kinder ziehen. Das brachte es mit sich, dass ich mich auf den braven Fesselflug reduzieren musste und alle Freiflug- und RC-Modelle an ein paar gute Freunde und Bekannte weitergab, von welchen ich Gewissheit hatte, dass sie weiterhin für den Erhalt der meist historischen Modelle sorgen werden. Der Flamingo ging an Daniel Wolf, welcher mir versicherte, dass er das Modell so überarbeiten werde, dass es wieder dem Originalzustand entspricht.

 

Technische Daten

Spannweite: 134 cm

Länge: 77 cm

Höhe: 11 cm

Gewicht: 255 g

Flügelfläche: 17.2 dm²

Flächenbelastung: 14.8 g/dm²

Bespannung: ursprünglich Seidenpapier, neu Japanspannseide

Aufbau: Balsaholz, Kieferholz, Sperrholz

Einsatz: als A1-Segler für Hang- und Hochstart

Steuerung: Thermikbremse + Kurvensteuerung

Konstrukteur: Hanno Pfeiffer aus Thalwil ZH

Ladenpreis 1977: Fr. 31.—

 

Quellen:

  • Arnold Wirz
  • Baubeschrieb von Streil
  • Hope-Schulprospekt 1985,

Der Beitrag wurde von Arnold Wirz am 14.11.2016 letztmals nachgeführt.

Letztmals redigiert: 27.3.2024

 

FlamingoDer Flügel meines neu erworbenen Flamingos ist schon fast fertig gestrippt. Nun folgt das Schleifen, Bespannen mit Japanseide und die gelbe Farbe. Der Rumpf ist bereits hergerichtet. Das Strippen erfolgt mit einer Rasierklinge und ist recht zeitraubend. © Arnold Wirz

 

FlamingoSo etwa wird mein Flamingo dereinst aussehen, denn viele meiner Antiksegler sind in gelb gehalten. Auf den übergrossen Namenszug auf dem Flügel werde ich verzichten und den Namen deutlich kleiner auf der Rumpfvorderseite anbringen. © Arnold Wirz