Bye-Bye von Streil, Hope, Umbau auf Elektro-Antrieb
Vorgeschichte
Ein erfahrener Modellbauer aus dem Kanton Thurgau ist immer noch im Besitze eines originalen Bye-Byes mit noch völlig intakter (!) antiker Papierbespannung. Aus welchem Jahr er stammt, ist nicht bekannt, doch deutet die Papierbespannung auf ein älteres Modell hin. Es hängt seit Jahren an der Decke seiner Werkstatt. Die Frage nach dem Alter des Modells ist durchaus berechtigt, denn die erste Serie des Bye-Byes wurde in den 1960er Jahren und die letzte Serie 1978 produziert!
Anstelle der bisherigen Seidenpapierbespannung wie auf dem Bild, wird das elektrifizierte Modell eine Bespannung mit Klarsichtfolie erhalten, sodass man das kleine Kunsthandwerk des Rippenbauwerks bewundern kann. © A. Züger
Geflogen ist das erste Modell des Bye-Byes noch in den späten 1950er Jahren. Der älteste bildliche Nachweis des Modells ist datiert mit dem 19. März 1961, wo der Konstrukteur Fritz Sidler an einem Wettbewerbsfliegen in Sulgen TG teilnahm. Sein Modell trug die AeCS-Immatrikulation BA 6B. BA steht für MFG Baden, 6 ist die fortlaufende Nr. der Wettbewerbsteilnehmer in diesen Verein. Die 6 war Fritz Sidler zugeteilt. B weist darauf hin, dass der Teilnehmer mehr als 1 Modell unter seinem Namen an die Veranstaltungen brachte.
Als das Schulamt der Stadt Zürich beschloss, den Flugmodellbau aus dem freiwilligen Werkunterricht zu streichen, waren noch nicht alle speziell für diesen Werkunterricht hergestellten Bausätze von C. Streil & Co. aufgebraucht, so dass diese in einem Lager des Schulamtes 'in der Versenkung' verschwanden. Als später wieder einmal eine Räumung anstand, kamen diese wieder ans Tageslicht und wurden an Modellfluginteressierte weiter verschenkt. Ein Verkauf war nicht mehr möglich, da der Bau von hölzernen Modellflugzeugen bereits ziemlich aus der Mode gekommen war. Der eingangs erwähnte Modellbauer übernahm bei dieser Gelegenheit ungefähr ein halbes Dutzend Bausätze und baute für sich einen zweiten Bye-Bye, während er die restlichen Bausätze an seine Vereinskameraden und den letzten an mich weiter gab.
Elektrifizierung des Bye-Byes
Einige Jahre später, es könnte etwa 2011 gewesen sein, beschloss er, sein zweites Modell mit einem Hohlrumpf zu versehen und als Elektromodell mit Motor, Seiten-, Höhen- und Querrudern auszustatten und das Modell so auf den heutigen Stand zu bringen.
Hier sieht man den Antriebsstrang vom Graupner Cam Prop 23 x 12 cm über den bürstenlosen E-Motor, den Regler, den Futaba-Empfänger mit den Futaba Mikro-Servos und zuletzt dem LiPo-Akku mit 1250 mAh Kapazität. Alles zusammen wiegt 200 g. © A. Züger
Servos, Motor, Akku, Regler und Empfänger fanden dank der Miniaturisierung im nur unmerklich breiteren, neuen Rumpf Platz und wogen gerade einmal 200 g. Mit Kosten von weniger als Fr. 300.- baute er sich ein RC-Elektromodell, welches nun eine gewisse Ähnlichkeit mit der Höllein Libelle Competition E nicht abstreiten konnte. Die Ähnlichkeit mit der Libelle gründete auf dem gleich aufgebauten Flügel und der Folienbespannung. Mit einem Fluggewicht von rund 600 g und einer bescheidenen Flächenbelastung von nur 21.6 g/dm² ist der Elektro-Bye-Bye dennoch ein sehr leichter Motor-Segler geblieben.
Die beiden Rümpfe (rechts der A2-Freiflug-Segler, links der neue RC-Elektro-Segler) unterscheiden sich nur geringfügig durch die 2 cm mehr Breite. © A. Züger
Der Umbau wurde bis April 2012 vollzogen und darf als wohlgelungen bezeichnet werden. Ich hatte Gelegenheit, das Modell mit eigenen Augen zu bewundern und konnte feststellen, dass es der Modellbauer schaffte, das Modell zu modernisieren, ohne in das Sidler'sche Konzept von 1954 einzugreifen. Dieser Umbau verdient grosses Lob und zeigt, dass man mit wenig Aufwand und viel Augenmass auch mit 60 Jahre alten Flugzeugentwürfen wieder voll dabei sein kann.
Flugeigenschaften
Das Modell ist wegen seines geringen Gewichts zwar etwas empfindlich auf Wind, so dass trotz Motorisierung beim Einsatz wie schon vor 60 Jahren genau auf die Windverhältnisse zu achten ist. Sind diese Verhältnisse gegeben, dann macht das Fliegen mit dem Elektro-Bye-Bye aber grosse Freude. Bei stärkerem Wind ist es besser, nicht zu fliegen.
Die Arbeit ist vollendet: Der Elektro-Bye-Bye steht zum Erstflug bereit. Inzwischen hat er sich bereits bewährt. © A. Züger
Technische Daten des RC-Elektro-Seglers Bye-Bye
- Spannweite: 163.5 cm
- Rumpflänge: 93.5 cm
- Flügeltiefe innen: 15 cm
- Flügeltiefe aussen: 12 cm
- Flügelstreckung: 11
- Bespannung: Folie
- Tragflächeninhalt: 23.5 dm²
- Höhenleitwerkflächeninhalt 4.3 dm²
- Flächenbelastung: 25.53 g/dm²
- Flächenbelastung mit Höhenleitwerk: 21.58 g/dm²
- Regler: ?
- Propeller: Klapp 23 x 12 cm mit Spinner
- Akku: LiPo-Akku 7.4 V mit 1250 mAh Kapazität
- Motor: bürstenloser Motor, Typ KV1850
- Empfänger: unbekannt
- Servos: 2 x Quer, 1 x Seite, 1 x Höhe Typ Mikro von Futaba
- Fluggewicht: 600 g
- Fluggeschwindigkeit: um 15 km/h im Gleitflug, um 30 km/h im Motorflug
- V-Stellung der Aussenflächen: ca. 15 °
Quellen:
- Ein Thurgauer Modellbauer
- Arnold Wirz
- C. Streil & Co
Letztmals redigiert: 27.3.2024