Graupner Beginner, Baubericht von Arnold Wirz
Vorgeschichte
Der Graupner Beginner kam 1961 auf den Markt und konnte sowohl als Wurfgleiter mit der Möglichkeit zum Hochstart mithilfe einer Nylonleine oder sogar als A1-Segler eingesetzt werden.
Das Bild zeigt den Baukasten des Beginners. © Arnold Wirz
Der Beginner war ein sehr adrettes Modell. Weil er auch schön lang und gutmütig flog, war er sehr beliebt bei der Jugend, vor allem auch, weil er einen richtigen Kastenrumpf besass mit Kabinenhaube und nicht bloss ein Holzbrettchen. Das Modell befand sich in einem Baukasten und wurde aus Balsaholz aufgebaut. Der Baukasten trug die Nummer 4205. Der Bau war sehr einfach und unkompliziert. Kuriosum: Es gab sogar eine 'Ersatzteilliste', in der eine einzige (!) Position aufgeführt war: Die Kabinenhaube konnte einzeln nachbestellt werden!
Baubeschrieb
Trotz der gewählten Bauweise in Kastenform erweist sich der Bau als relativ einfach, vor allem dank den weitgehend vorgefertigten Teilen. Der Kastenrumpf ist aus 2 mm-Balsaholz aufgebaut und im vorderen Bereich mit 10 mm dicken Balsaholz verstärkt, was ihn bei harten Landungen um einiges robuster macht. Auch die Montage des Seitenleitwerk ist unkompliziert, denn es ist kein hochbelastetes Bauteil und wird einfach auf dem Rumpf aufgeklebt. Der Flügel ebenso wie das Höhenleitwerk werden in Rippenbauweise erstellt, was hohe Profiltreue ermöglicht und an den guten Flugeigenschaften des Modells nicht ganz unschuldig ist. Das Höhenleitwerk wird als Ganzes bewegt und zwar nur dann, wenn es als Thermikbremse dient. Das Seitenleitwerk besitzt ein Ruder, welches mithilfe eines dünnen Stahldrahts leicht eingeschlagen werden kann.
Der Hauptholm des Flügels besteht aus Kiefernholz der Dimension 3 x 5 mm. Nasenleisten, Endleisten und Rippen bestehen ausschliesslich aus Balsaholz. Die Rippen haben 4 cm Abstand und bestehen aus 2 mm- Balsaholz. Die Lage des Schwerpunktes liegt im Bereich von 45 bis 50%. Der Flügel wird mit zwei Gummiringen an Holzzapfen montiert. Der Aufbau des Beginners ist aus heutiger Sicht sehr konservativ, doch haben sich alle gewählten Lösungen recht gut bewährt und waren wärend Jahrzehnten das Mass beim Bau von Modellen dieser Klasse. Die Kabinenhalterung war etwas schlicht und es konnte daher vorkommen, dass diese sich im Fluge freimachte und verloren ging. Das könnte erklären, warum dieses Bauteil als einziges noch lange nachbestellt werden konnte, allerdings nicht in alle Ewigkeit, denn diese spezielle Ewigkeit ist inzwischen abgelaufen. Das Teil ist nicht mehr erhältlich, doch lässt es sich leicht selber herstellen, wenn man die Technik beherrscht. Zur Not tuts auch eine hellblau gestrichene Kabinenhaube aus Balsaholz.
Mein eigener Beginner
Im November 2015 gesellte sich ein uralter Beginner samt recht gut erhaltener Kartonschachtel zu meiner Sammlung. Anfänglich dachte ich, die Kartonschachtel sei nicht diejenige, welche zum Modell gehört, da dieses eine andere Farbgebung hat. Inzwischen habe ich aber festgestellt, dass Graupner die verschiedenen Farbvarianten stets in der gleichen Schachtel verpackte. Die Papierbespannung bei den Tragflächen war wegen des hohen Alters des Modells von 54 Jahren so spröde, dass schon der Vorbesitzer den Flügel strippte, um ihn neu zu bespannen. Bei dieser Arbeit scheint er dann vorzeitig aufgegeben zu haben, sodass es noch viel Zeit erforderte, bis auch die letzten Reste der Seidenpapierbespannung mithilfe von Azeton entfernt waren. Einige Rippen waren gebrochen oder fehlten gar, doch war es keine Hexerei, das Gerippe wieder ordentlich hinzubekommen. Wegen eines Umzugs von Amriswil nach Gipf-Oberfrick verzögert sich die Fertigstellung etwas, doch rechne ich damit, dass ich das Modell bald einmal fliegen kann.
Der Rumpf ist weitgehend intakt und braucht nur kleine Korrekturen mit Flüssigholz. Auch ein neues Seitenruder ist notwendig und der Neubau der Thermikbremse drängt sich ebenfalls auf.
Bild eines Originalrumpfes des Beginners aus der Zeit der 1960er Jahre. Der Rumpf ist noch gut erhalten. Einzig der Flügel muss neu bespannt und das Höhenleitwerk musste neu gebaut werden. Auch die Thermikbremse wird bei der Gelegenheit ersetzt. © Arnold Wirz
Hier sieht man den Beginner mit gestripptem Flügel und neu gebautem Höhenleitwerk. © Arnold Wirz
Das Modell bekommt nun eine Bespannung aus Japanseide und wird in den Originalfarben rot-gelb gelassen, da beim Rumpf nur kleine Ausbesserungen nötig sind. Durch diese Art der Bespannung wird mein Beginner ein paar wenige Gramm schwerer werden als das Original. Die Thermikbremse wird nun nach dem System von Fritz Sidler erstellt, also mit einer Glimmschnur und einem Gummiring. Es gab die Baukästen, soweit ich bis jetzt festellen konnte, in den Hauptfarben rot/blau und rot/gelb.
Der Pinöpel des Beginners
Auch der Beginner ist mit einem Pinöpel ausgestattet, genau so wie der kleine Uhu. Pinöpel bedeutet hier Bleiballastkammerverschlussstöpsel, siehe Bild! Er sieht allerdings ein wenig anders aus.
Hier sieht man den hölzernen Pinöpel des Beginners, von dem ich aber doch eher vermute, dass er ein Eigenbau des Vorbesitzers ist. Er ist ganz offensichtlich handgeschnitzt und gleicht jenem von Max Pfenningers Radio-Schüler-Modell. © Arnold Wirz
Beim Kauf meines gebrauchten Modells war er eingebaut, doch kann ich nicht sicher bestätigen, ob es ein Originalteil von Graupner oder ein Eigenbau des vorangehenden Besitzers ist.
Einsatz des Beginners als Wurfgleiter
Ich werde meinen Beginner in der Konfiguration Wurfgleiter mit eingestellter Glimmschnur-Thermikbremse von einem Hügel aus starten und auf Hochstarts nach A1-Art verzichten. Die Laufzeit der Thermikbremse hängt dann von der Windstärke ab. Bei Windstille wähle ich 5 Minuten, bei leichtem Wind 3 Minuten. Als dieses Modell auf den Markt kam, war ich gerade einmal 18 Jahre alt und kann mich noch gut daran erinnern, wie der einzige Besitzer den ich kannte, von dem Modell schwärmte. Daher ist der Beginner mir in Erinnerung geblieben und als sich kürzlich die Gelegenheit ergab, ein solches Modell vor der Verschrottung zu bewahren, habe ich die Gelegenheit gerne benützt. Mehr folgt nach dem Erstflug.
Gebrauchte Beginner-Modelle
In allen deutschsprachigen Ländern war der Beginner ein sehr gefragtes Modell und entsprechend hoch dürfte die Anzahl der Baukästen gewesen sein, welche die Firma Graupner unter die Leute brachte. Daher sind heute immer noch viele Hunderte davon als Erinnerungsstücke im Besitze von Sammlern und Liebhabern. Ein fliegendes Modell habe ich bis heute nie gesehen, doch konnte ich feststellen, dass ein gut erhaltenes Modell erst ab 150 Euro die Hand wechselt. Ein gut erhaltener oder restaurierter Beginner ist also alles andere als Brennholz.
Eine ganze Reihe ähnlicher Modelle
Graupner setzte mit dem Amigo (Bestell-Nr. 4203) im Jahre 1960 die Grundlage für eine ganze Reihe sehr ähnlicher Modelle. Der Beginner (Bestell-Nr. 4205) von 1961 war als zweites Modell dieser Baureihe sozusagen die kleine Variante des Amigos. Es folgte dann 1963 der Filou (Bestell-Nr. 4209, später 4260), dann 1965 der Jolly (Bestell-Nr. 4215) und 1968 der Dandy (Bestell-Nr. 4227), der Beta (Bestell-Nr. 4249, der Funny (Bestell-Nr. 4263 und der Pepito (Bestell-Nr. 4261). Der Amigo wurde nachträglich zum Amigo 1 und hatte noch drei Nachfolger bis zum Amigo 4. Man sah allen diesen Modellen die Verwandtschaft an, sie hatten einen sehr ähnlichen Kastenrumpf und fast die gleiche Kabinen- und Leitwerksform. Einzig bei den Flügeln gab es grössenbedingt Unterschiede. Über die Namen der Konstrukteure ist mir erst folgendes bekannt: Der Filou stammte von Horst Diemer und der Amigo 1 + 2 von Fred Militky.
Es folgen später noch ein paar bessere Fotos meines Modells, doch steht es in der Reihenfolge der noch laufenden Revisionen nicht an erster Stelle, zumal ich den Flügel zuerst noch neu bespannen muss.
Technische Daten
- Spannweite: 98,7 cm
- Länge: 66.3 cm
- Höhe: 12.6 cm
- Flügeltiefe: 11 cm
- Flügelstreckung: 8.97
- Flügelfläche: 10.8 dm²
- Höhenleitwerkfläche: 2.8 dm²
- Gewicht: 221 g
- Flächenbelastung: 18.89 g/dm²
- Gesamtflächenbelastung: 16.25 g/dm²
- Flügelprofil: Gö 795 mod. g
- V-Stellung des Flügels: 18°
Der Beitrag wurde von Arnol Wirz letztmals am 26.11.2017 nachgeführt.
Quellen:
- eigenes Modell
- Mechanikus 6/1961 (Baubeschrieb)
- diverse Graupner Baukästen
Letztmals reedigiert: 4.6.2024
Ein Baukasten des frühen Beginners mit Blick ins Innere. Gut zu erkennen ist auch ein Tube "Uhu hart" im Design von 1960. Die Foto wurde mir freundlicherweise von Radu Balea zur Verfügung gestellt. © Radu Balea